Zum
700-Jahr Jubiläum der Schlacht von Gammelsdorf
Vorgeschichte, Hintergründe und Folgen geschrieben von Werner Straßer
Bild
mit freundlicher Genehmigung www.Alt-Moosburg.de.
Schlacht bei Gammelsdorf 1313 – Kopie
des Gemäldes von Deckelmann im Bayerischen Nationalmuseum München von R.
Scheibenzuber (um 1927 Hauptlehrer in Landshut), befindet sich heute im
Heimatmuseum Moosburg.
Einleitung
Im Sommer gedachte die Gemeinde
Gammelsdorf, zwischen Landshut und Moosburg im heutigen Landkreis Freising
gelegen, mit einem dreitägigen Fest der dort stattgefundenen Schlacht, die nach
dem Ort benannt wurde. In dieser Auseinandersetzung gelang dem damaligen
(ober)bairischen (das „y“ ließ erst der griechenlandbegeisterte König
Ludwig I der Landesbezeichnung einfügen) Herzog Ludwig IV. trotz zahlenmäßiger
Unterlegenheit seiner Truppen ein glänzender Sieg über seinen Widersacher
Friedrich III. von Österreich, genannt „der Schöne“, das damalige
Oberhaupt des Hauses Habsburg. Der Ausgang der Schlacht brachte den Sieger
schlagartig in die erste Reihe der Reichspolitik und fand einen solchen
Widerhall in der Geschichte, daß die bairischen Patrioten ihr Jahrestreffen bis
heute an diesem Ort begehen. Doch wie kam es überhaupt zu diesem Gefecht?
Interregnum und bairische Landesteilung
Um dem Werdegang und die Beziehungen der
Beteiligten verständlich zu machen, beginne ich mit dem Tod des Großvaters des
Siegers von Gammelsdorf, dem Herzog Otto II. (der Erlauchte) im Jahr 1253. Otto
II. war der dritte Wittelsbacher im bairischen Herzogsamt und der erste in
dieser Reihe, der bei seinem Ableben mehr als einen Sohn und Erben hinterließ.
Wie wir sehen werden, ist dieser Umstand eine wesentliche Determinante für die
späteren Entwicklungen. Mit der
bairischen Herzogswürde hatte Otto II. auch die Pfalzgrafschaft bei Rhein, die
ranghöchste Stellung der weltlichen deutschen Fürsten, inne, war
Schwiegervater des Stauferkönigs Konrad IV. und stand somit in der ersten Reihe
der deutschen Adelshäuser seiner Zeit. Als
letzter regierender Wittelsbacher wurde er am Stammsitz seines Hauses im nahe
gelegenen Kloster Scheyern bestattet, wo das ihn sowie seinen Vater und Großvater
bergende Grabmal zu besichtigen ist.
Die beiden Söhne folgten in dieser
Stellung nach und regierten die Territorien zur gesamten Hand. Allerdings kam es
sehr bald zu Streitigkeiten, die 1255 in die sog. Erste bairische Lan-desteilung
mündeten. Der ältere Sohn Ludwig II (der Strenge) erhielt Oberbaiern (nicht
vollständig identisch mit dem heutigen Regierungsbezirk) und die Pfalz, der jüngere
Heinrich XIII. übernahm Niederbaiern. Die
weitere Entwicklung ist stark von der Situation im Reich beeinflußt:
Der königliche Schwager der Wittelsbacher-Brüder war 1254 in Italien
gestor-ben, sein ohnehin nur in den nördlichen Teilen des Reichsgebiets
anerkannter Gegenkönig Wilhelm von Holland starb 1256. Die Geschichtsschreibung
bezeichnet diese Epoche als Interregnum; man kann die Situation als Fürstenrepublik
bezeichnen, deren einzelne Herren die Zusammengehörigkeit zwar bewußt ist, die
aber ein starkes Staatsoberhaupt tunlichst vermeiden wollen. So kam es zur
Doppelwahl zweier ausländischer Bewerber; die beiden gewählten Könige Richard
von Cornwall (Bruder des englischen Königs, Großneffe von Richard Löwenherz)
und Alfons von Kastilien ließen die Dinge im Reich weitgehend treiben;
letzterer betrat niemals deutschen Boden. Ludwig II. in seiner Eigenschaft als
Pfalzgraf bei Rhein fungierte in diesen wirren Zeiten als Reichsvikar, führte
also die Amtsgeschäfte des abwesenden Königs.
Während sich Ludwig in der Reichspolitik
profilierte, war der niederbairische Bruder mit Problemen regionalen Zuschnitts
beschäftigt. Ein unruhiger Nachbar war hier der böhmische König Ottokar II.
Nachdem im benachbarten Österreich der letzte Vertreter des etablierten
Herrscherhauses, Friedrich II. (der Streitbare) 1246 gefallen war und der Einzug
des somit erledigten Reichslehens durch die in Italien gebundenen Stauferkönige
gescheitert war, hatte sich der Böhmenkönig mit dem Recht des Stärkeren
kurzerhand der österreichischen und steirischen Lande bemächtigt. Heinrich
XIII., verheiratet mit einer ungarischen Prinzessin und daher auch im Bündnis
mit Ungarn, hegte natürlich auch Begehrlichkeiten hinsichtlich des
Babenberger-Erbes, konnte sich aber gegenüber dem mächtigen Przemysliden nicht
behaupten. Er betrieb eine
inkonsequente Politik, die ihn abwechselnd im Gegensatz und dann wieder im Bündnis
mit Ottokar sah.
Das Interregnum endete mit der Königswahl
des Jahres 1273, zu der die deutschen Fürsten vom Papst gedrängt wurden.
Ottokar von Böhmen war den anderen Fürsten zu mächtig, auch der Wittelsbacher
Ludwig fand aus wohl ähnlichen Gründen keinen Rückhalt und kandidierte trotz
anfänglicher Erwägungen nicht. Die Wahl der Fürsten fiel auf den Grafen
Rudolf aus dem Aargau (heute Schweiz), nach dem Stammsitz seines Geschlechts von
Habsburg genannt. Rudolf war bereits 55 Jahre alt, also nach damaligen Maßstäben
ein alter Mann und auch im Reich noch nicht besonders hervorgetreten. Mit diesem
Profil sollte er also die anderen Fürsten nicht allzu sehr in ihren Plänen
beeinträchtigen, so hofften die meisten. Sie sollten sich schwer täuschen.
Ludwig der Strenge lehnte sich freilich gleich eng an den neuen König an, er
wurde in seinen Besitzungen bestätigt und erhielt, da gerade verwitwet, seine
Tochter Mechthild (oder Mathilde) als Ehefrau. Ottokar von Böhmen hatte als
einziger Kurfürst nicht für den neuen König gestimmt und zeigte auch sonst
keine Neigung zur Unterordnung. Der neue König zitierte ihn wegen der
Usurpation Österreichs vor den Fürstentag, Ottokar leistete dem keine Folge
und so gingen die Fürsten in seltener Einmütigkeit gegen den in den Augen
seiner Standesgenossen zu hoch aufgestiegenen Böhmenkönig militärisch vor.
Der Krieg sah die beiden Wittelsbacher in den gegnerischen Lagern: Ludwig bei
Rudolf, Heinrich unterstützte Ottokar. In der Entscheidungsschlacht auf dem
Marchfeld 1278 blieb Rudolf dank eines Verstoßes gegen die Regeln der
ritterliche Kriegsführung siegreich (er hielt eine Reserve zurück, die dann in
einer kritischen Lage entscheidend eingriff). Ottokar verlor Land und Leben, der
siegreiche Rudolf belehnte seine Söhne mit Österreich und legte mit diesem
Schritt die Grundlage zur Jahrhunderte während habsburgischen Herrschaft.
Der niederbairische Herzog Heinrich wurde
trotz seiner Opposition in die königliche Gnade aufgenommen, sein ältester
Sohn Otto wie schon Ludwig der Strenge mit einer weiteren seiner Töchter
verheiratet.
Generationswechsel
In den 90er Jahren des 13. Jahrhunderts
erfolgte dann ein Generationswechsel, der das zwischenzeitlich einigermaßen
verträgliche Miteinander von Wittelsbachern und Habsburgern störte:
Als erster starb 1290 der niederbairische
Herzog Heinrich XIII, beerbt von seinen drei Söhnen Otto III., Ludwig III. und
Stephan I. Die in dieser Lage drohende weitere Teilung des nieder-bairischen
Teilherzogtums unterblieb, da der mittlere der Brüder bereits 1296
unverheiratet und kinderlos starb und der älteste Bruder Otto wegen seiner
ungarischen Verwandtschafts-beziehungen (siehe oben) im der ungarischen
Thronstreit engagiert war. Otto III. erlangte sogar die
ungarische Königskrone, ohne sich aber als Herrscher vollständig
durchsetzen zu können.
König Rudolf starb 1291, ohne die
Kaiserkrone erlangt zu haben. Daher war es ihm auch nicht möglich, einen
dynastischen Nachfolger zu installieren. Den anderen Fürsten waren die
Habsburger während der Regierungszeit des tatkräftigen und energischen
Herrschers zu mächtig geworden und so scheiterte die Königswahl der älteste
Sohn Rudolfs, Albrecht, trotz der Unterstützung seines bairisch-pfälzischen
Schwagers Ludwig. Der Kölner Erzbischof präsentierte den mit ihm verschwägerten
Grafen Adolf von Nassau als Kandidat (in der Gegend von
Wiesbaden) und konnte seinen Mainzer Amtsbruder und die übrigen
weltlichen Kurfürsten für die Wahl des ersten Adolfs in der deutschen
Geschichte gewinnen. Die restlichen beiden Kurfürsten, Pfalzgraf/Herzog Ludwig
und der Erzbischof von Trier, beugten sich der Mehrheit und auch Albrecht gab
die symbolträchtigen Reichsinsignien an den neuen König heraus.
1294 verstarb Ludwig der Strenge in
Heidelberg. Beerbt wurde er von seinen beiden Söhnen Rudolf (geb. 1274) und
Ludwig (das Geburtsjahr ist nicht genau bekannt, es wird zwischen 1282 und 1287
angesetzt), der aber noch im Kindesalter und damit unmündig war.
Rudolf vollzog nun eine Kehrtwende: Er
lehnte sich eng an König Adolf an und heiratete dessen Tochter Mechthild. Damit
geriet er in Gegensatz zu seiner Mutter, der Schwester des habsburgischen
Thronprätendenten Albrecht. Diese ließ den jungen Ludwig am Wiener Hof
erziehen, wohl auch um ein Gegengewicht zu den antihabsburgischen Tendenzen
ihres älteren Sohnes zu schaffen.
Langfristig hatte Rudolf (in manchen
Quellen mit dem Beinamen „der Stammler“ versehen) damit aber aufs falsche
Pferd gesetzt: König Adolf hatte vor und unmittelbar nach seiner Wahl immense
Zugeständnisse und Versprechen an seine Wähler gemacht (besser:
machen müssen). In seiner Regierungszeit war es ihm aber nicht eilig mit
deren Erfüllung; seine Versuche zum Aufbau einer Hausmacht, wie es der Vorgänger
so glänzend vorexerziert hatte, scheiterten. Nach anfänglichen Erfolgen seiner
Regentschaft hatten die übrigen Fürsten wenig für einen König übrig, der
seinen herrscherlichen Pflichten nachkam und für Mehrung des Reichsgutes Sorge
trug. In einem einmaligen Vorgehen – noch nie zuvor war ein gesunder,
regierungsfähiger König abgesetzt worden, ohne daß zuvor ein päpstlicher
Bannspruch ergangen wäre- setzten die Fürsten den Nassauer ab und machten
damit nun den Weg frei für den Habsburger Albrecht. In der
Entscheidungsschlacht im Juli 1298 bei Göllheim (Nähe Kaiserslautern) fiel
Adolf als letzter deutscher Monarch im Gefecht.
Die feindlichen Brüder
Rudolf der Stammler hatte seinem
Schwiegervater bis zuletzt die Treue gehalten; dementsprechend unterkühlt war
das Verhältnis zu seinem nunmehr königlichen Onkel. Dem gegenüber stand der jüngere
Ludwig für ein gutes Verhältnis zu den Habsburgern. Je älter er wurde, desto
mehr forderte er gegenüber dem Bruder seine Rechte als Mitregent ein und wurde
dabei auch von seiner Mutter unterstützt. So kam es 1310 zu einer
Verein-barung, die Einkünfte und Verwaltung der verschiedenen herzoglichen
Besitzungen unter den beiden Brüdern aufteilte. Rudolf hatte seinen Schwerpunkt
im südlichen Oberbaiern und der Pfalz, Ludwig im nördlichen Oberbaiern um
Ingolstadt, wo eine Reiterstatue auf dem Paradeplatz an ihn erinnert. Allerdings
war damit keine förmliche Landesteilung wie fast 50 Jahre zuvor damit
verbunden, die Brüder übten die Landesherrschaft gemeinsam aus. An dieser
Stelle soll kurz klargestellt sein, daß die Rechte der Herrscher in dieser Zeit
keine geschlossenen Territorialherrschaften darstellten. Vielmehr setzte sich
das Eigengut der fürstlichen Familie aus einer Vielzahl von Besitzungen und
Rechten zusammen, die sich zum Teil auch noch überlagerten.
So kann es nicht überraschen, wenn diese
verworrenen Rechtsbeziehungen ein steter Quell von Streitigkeiten und Fehden
darstellten, zumal die stete Gier nach Besitzmehrung und Rangerhöhung ein
Charakteristikum der Adelshäuser des späten Mittelalters darstellt. Das
Fehderecht gab zudem dem Adligen die Möglichkeit, seine Ansprüche gewaltsam zu
verfolgen.
So war das erste Jahrzehnt des 14. Jhdt.
für Ludwig IV. geprägt von dem ständigen Streben, nicht vom älteren und auch
mächtigeren Bruder um sein Erbteil gebracht zu werden. Ludwig pflegte gute
Beziehungen zu den habsburgischen und auch den niederbairische Vettern, obwohl
sich diese untereinander heftig bekämpften. Da bot sich eine unerwartete
Chance: der jüngere der niederbairischen Herzöge, Stephan, war 1309 gestorben
und hatte zwei Söhne im Kindesalter hinterlassen. Die Vormundschaft fiel an den
einzigen überlebenden Bruder Otto, mit dem sich Ludwig gut verstand. Otto
(siehe oben) folgte 1312 seinem Bruder und übertrug auf dem Sterbebett die
Vormundschaft für die vorgenannten Neffen und seinen eigenen Sohn Heinrich, der
noch in den Windeln lag, auf Ludwig. Für diesen war die Vormundschaft
problematisch: die niederbairischen Stände (Adel, Städte und Klerus) hatten
Otto Mitspracherecht bei Steuererhebungen abgetrotzt, dementsprechend eng war
der gesetzte Finanzrahmen. Nach ständigen Kriegshändeln mit Österreich war
das Land erschöpft und die Stände beobachteten mißtrauisch den
habsburgerfreundlichen Kurs Ludwigs.
Der Weg nach Gammelsdorf
Konsequent ersuchten die Städte den älteren
Bruder Rudolf um Hilfe, der sich nicht lange bitten ließ und im Mai 1313 mit
die niederbairischen Städten ein eindeutig gegen Habsburg gerichtetes Bündnis
schloß.
Ludwig hatte stand nun zwischen den österreichischen
Vettern und seinem Bruder und würde, wie immer er sich auch entschied, eine der
Parteien vor den Kopf stoßen und seine eigene Stellung in höchste Gefahr
bringen. Er entschied sich für den Bruder, söhnte sich mit ihm aus und nahm
ihn in die umstrittene Vormundschaft mit auf. Die Lage verschärfte sich weiter,
als die beiden verwitweten
Herzoginnen –beide stammten aus schlesischen Herzogtümern- aktiv wurden. Sie
sahen sich durch die Übertragung der Vormundschaft über ihre Kinder um eigene
Einflußmöglichkeiten gebracht und trugen nun ohne konkreten Anlass dem
Habsburger Friedrich die alleinige Vormundschaft über die niederbairischen
Prinzen an. Wie bekannt – beim Geld hört die Freundschaft auf- und so waren
die guten Beziehungen zwischen Ludwig und Friedrich rasch Vergangenheit. Der
zahlungskräftige Friedrich fand Unterstützung beim niederbairischen Adel, dem
ein weiter entfernter Interims-Landesherr allemal als geringeres Übel erschien.
Nach einem gescheiterten Vermittlungsgespräch war der Krieg unausweichlich
geworden. Favoriten waren die solventen Habsburger, während Ludwig nahezu seine
ganze Habe verpfänden mußte, um ein Heer aufzustellen. Krieg war wie zu allen
Zeiten immer auch eine Frage der Kriegskasse.
Ludwig sammelte sein Heer in der Dachauer
Gegend. Friedrich dagegen schlug sein Feldlager bei Moosburg auf und wartete auf
die Verstärkung, die ihm sein Bruder Leopold, trotz seiner Jugend ein bereits
bewährter und talentierter Militär, aus den habsburgischen Vorlanden zuführen
sollte. Mit den Vorlanden bezeichnet man die verstreuten Stammbesitzungen der
Habsburger in der Schweiz, Schwaben und dem Elsaß. Für Ludwig war es wichtig,
einer Vereinigung der beiden Heere zuvor zu kommen, da eine Niederlage
angesichts der dann gegebenen habsburgischen Überlegenheit unausweichlich
gewesen wäre.
Ludwig gelang es, die österreichischen
Stellungen auszukundschaften, und, begünstigt durch das herbstlich neblige
Wetter aufzumarschieren und die Schlacht anzusagen. Friedrich nahm im Bewußtsein
seiner zahlenmäßigen Überlegenheit auch ohne die erwartete Verstärkung an;
es entging ihm ein starkes, abseits gehaltenes Reservekontingent der
wittelsbachischen Truppen. Am 9.
November 1313 trafen die Gegner aufeinander. Nach anfänglich eher
ausgeglichenem Verlauf gelang es Ludwig, durch Einsatz der oben erwähnten
Reserve die gegnerischen Linien zu durchbrechen und einen glänzenden
Sieg zu erringen. Bruder Rudolf hatte sich nicht am Kampf beteiligt, die
Einigkeit war also nur von kurzer Dauer gewesen.
Folgen
Nach dem Sieg von Gammelsdorf war Herzog
Ludwigs Ruf als geschickter Feldherr im ganzen Reich verbreitet. Kurz vor der
Schlacht war aus Italien die Nachricht vom Tode des amtieren-den Königs,
Heinrich VII. aus dem Haus Luxemburg, eingetroffen. Es herrschte also wieder
quasi Wahlkampf und ein Bewerber stand mit dem Habsburger Friedrich schon fest.
Es führt jetzt zu weit, sämtliche diplomatischen Verwicklungen der damaligen
Zeit darzustellen, ich begnüge mich daher mit dem Ergebnis: Ludwig IV. wurde
als erster Wittelsbacher von einer Mehrheit der Kurfürsten zum König gewählt.
Freilich war es wieder einmal zu einer Doppel-wahl gekommen, der Gegenkönig
war, wie nicht anders zu erwarten, der unterlegene Gegner von Gammelsdorf,
Friedrich der Schöne, unterstützt jetzt auch von Pfalzgraf Rudolf. Im Ergebnis
konnte sich aber Ludwig nach langwierigen Auseinandersetzungen durchsetzen. Sein
Königtum war überschattet von der letzten und schärfste Auseinandersetzung
mit dem Papsttum. Die damaligen Päpste residierten in Avignon und können fast
als Marionetten des französischen Königs gelten. Ihre Geldgier und die an
ihrem Hof herrschende Korruption war legendär. Ludwig gelang es in dieser
Auseinandersetzung die deutschen Fürsten fast voll-zählig hinter sich zu
bringen. Er erlangte die Kaiserkrone und baute eine beeindruckende Hausmacht
auf, was ihm im Fürstenlager allerdings wieder viele Gegner einbrachte.
Das Herzogtum Baiern konnte er 1340 wieder in seiner Hand vereinigen,
nachdem die männlichen Nachkommen des niederbairischen
Herzogs Heinrich schon in jungen Jahren verstorben waren und die
niederbairische Linie damit erloschen war. Mit den Söhnen seines glücklosen
Bruders Rudolf konnte er sich vergleichen und 1329 den sog. Hausvertrag von
Pavia schließen, der noch 400 Jahre später die wittelsbachische Erbfolge
regelte. 1347 erlitt er auf einem Jagdausflug bei Fürstenfeldbruck einen
Schlaganfall, an dem er starb. Ludwig war den Quellen zufolge ein Volkskaiser
mit liebenswürdigem Auftreten und diplomatischem Geschick. Er förderte die Städte
und erreichte damit einen wirtschaftlichen Aufschwung in seiner Zeit. Im
kommenden Jahr wird seinem Wirken die bayrische Landesausstellung
gewidmet. Eine Ironie der
Geschichte: Die heute lebenden Wittelsbacher einschließlich der Könige des 19.
Jahrhunderts sind sämtlich Nachkommen des fast vergessenen Pfalzgrafs Rudolf.
Die Nachkommen Ludwigs –in die Geschichte als Ludwig der Bayer eingegangen-
starben mit dem Kurfürst Max III. Josef 1777
aus und wurden von der pfälzischen Linie beerbt.